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Zur Sinnfrage: Ansätze
   
 


Das Sinnproblem kann verstanden werden mit Hilfe der Formel:  Die Gewissheit um unsere Zugehörigkeit gibt unserem Leben ein natürliches Gleichgewicht, denn die Zugehörigkeit schützt uns vor der inneren Unendlichkeit, die jeder in sich trägt (J. O’Donohue).

Die innere Unendlichkeit: Das Unbegrenzte als Endpunkt aller Fragen (R. Nozick) – Der Mensch „braucht“ einen unendlichen Bezugspunkt, wenn er sich nicht verlieren will, auch wenn das Leben noch so positiv verläuft (vgl. Tolstoi;  vgl. Jenny).  Er braucht diesen Bezug auch denkerisch: Ohne Gesamtsinn ist auch der Einzelsinn leer. Und als „Gegenpol“ braucht er auch die vielfältigen Lebensbezüge: die „Zugehörigkeit“!


Zur Einordnung einzelner Aussagen:

Frankl: Es gibt keine Lebenssituation, die wirklich sinnlos wäre – Alle negativen Seiten der menschlichen Existenz lassen Raum für Positives.

Dies kann Frankl natürlich nicht „wissen“. Er nimmt es nur an, er hofft es auf Grund seiner eigenen Überzeugung und Erfahrung. Wenn der Klient sich von der „Gewissheit“ seines Therapeuten „anstecken“ lässt, kann es ihm helfen, bestimmte schwierige Lebens­situationen zu bewältigen. Der Therapeut ist nach Frankl in dieser Frage ein „Zeuge“; er legt also „nur“ Zeugnis ab. Die Überzeugung, dass das Leben einen Sinn hat, hat nach Frankl den Rang eines Axioms.

Meister Eckart: Du sollst alle deine Werke wirken ohne Warum.  Wer das Leben fragte tausend Jahre lang: »Warum lebst du?« - es spräche nichts anderes als: »Ich lebe darum, dass ich lebe.

Dies ist keine Aussage darüber, wie das Leben wirklich „ist“ (- grundlos? – sinnlos?), sondern in der Aussage über ein „Sein“ versteckt sich eine Aussage über ein „Sollen“: Du sollst dich an nichts Irdisches hängen; du sollst deinem Leben (im ganzen) keine endlichen Ziele geben ...

Der „Sinn“ solcher paränetischer / psychagogischer Aussagen: Der „unendliche“ Pol menschlicher Existenz soll von endlichen „Anhaftungen“ befreit werden, soll zu seiner eigenen Klarheit finden. Dazu bedarf es (phasenweise) einer Loslösung, einen Rückzug auf den unendlichen Punkt unserer Existenz. Wobei dann in einer nächsten Phase neue Bezüge, neue Zugehörigkeit gesucht werden können.

- als Ergänzung und evtl. Weiterführung (Beziehung – Zugehörigkeit?):

Über die Erfahrung der metaphysischen Heimatlosigkeit und vom „Sinn“ dieser Erfahrung:

Dieses Alleinsein als eine Grundbefindlichkeit der menschlichen Existenz wird jeder aus eigenem Erleben irgendwie kennen: Es springt uns an beim Gang über die Straße, beim Sitzen am Fenster, beim Essen, beim Baden bei allen Tätigkeiten, die von innen her nicht gänzlich gefüllt, die geistig nicht völlig «kompakt» sind; da kriecht, mehr als Gefühl denn als Frage, wie ein kalter Strom eine Angst in uns hoch, die uns ans Herz greift, die unseren Körper krümmt wie unter einer unbekannten, drohenden Gefahr, und wir spüren zugleich den «Sinn», dieses «Zugriffs»: Plötzlich werden wir unserer Wesenseinsamkeit inne. 

All unsere Verrichtungen fallen auseinander und verlieren ihren Zusammenhalt. Bei allem, was wir tun, sehen wir uns selbst zu: wie wir gehen, sitzen, essen, schwimmen - doch wer sind wir in all dem?  Was ist das, das da geht, sitzt, isst, schwimmt?  Wir wissen es nicht, und zwar so lange nicht, wie wir zwar gegenwärtig sind, doch nicht in Beziehung, solange es nichts gibt, für das wir wesentlich da sind. Und so entdeckt sich, dass der Hintergrund dieser Angst aus dem Nichts an Beziehung selbst entsteht und besteht. (E. Drewermann, Im Anfang, S. 1151)

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